Donnerstag, 22. März 2007

Der Angriff als Flucht vor dem Kontrollverlust.

apos„Jetzt spiel dich mal nicht so auf.“, hat mich mein bester Freund letztens angebrüllt. Angetrunken. Unglücklicherweise war ich nicht angetrunken. Wo vorher noch ‚Lallen’ war, war nun eine deutlich aggressive Stimme zu hören. Mit dem Ausdruck eines Nüchternen und der Unberechenbarkeit eines Betrunkenen stand er vor mir, bereit seine komplette Waffenkammer zu benutzen.
Ich glaube, es war nur ein falsches Wort davon entfernt, und es hätte auch physisch gekracht. Ich hatte keine Angst vor ihm, da ich weiß, dass er zwar vielleicht zugeschlagen hätte, er aber durchaus in der Lage ist zu sehen, dass ich sein bester Freund bin. Und letztendlich hat er es auch nicht getan.
Ich weiß nicht was eigentlich schlimmer in dem Moment war. Seine Unfähigkeit mein Problem mit ihm nachzuvollziehen oder meine Unfähigkeit ein Problem mit den richtigen Worten anzusprechen. Auf jeden Fall ist das ein beschissener Cocktail. Wovor ich allerdings Angst hatte, war seine Wut. Sie kam mir so unberechenbar vor. Ich glaube da schlummert etwas in ihm, dass ich lieber nicht kennen lernen möchte. Ich hatte Angst vor der Art und Weise, wie er sich rechtfertigte. Denn dabei hat er meine Meinung und Kritik an ihm mit der Wucht eines Güterzuges, mit brachialer verbaler Zerstörungswut plätten wollen.
Traurigerweise wusste ich, dass seine Reaktion extrem ausfallen würde. Er war ja immerhin angetrunken.
Ich hatte auch Angst vor seinen Gesten und seiner Mimik, die mir totale Verachtung suggerierten. Nicht vor mir als Mensch, sondern vor mir als denjenigen, welcher sein Handeln in Frage stellt und die Art und Weise dafür nicht grade intelligent gewählt hat.

Aber was soll ich bitte machen wenn mich was ankotzt? Klar hätte ich einen besseren Zeitpunkt auswählen können, aber ich war in dem Moment nicht in der Lage dazu.
Ich frage mich manchmal, wieso Menschen so einen Abwehrmechanismus haben. Ich glaube, er fühlte sich angegriffen und verletzt, anders kann ich mir diese Reaktion nicht erklären. Vielleicht sollte ich es auch sein lassen, mit jemand Prinzipien zu diskutieren, wenn beide nicht nüchtern/angetrunken sind. Was mein bester Freund nicht weiß ist, dass ich, obwohl wir uns wieder vertragen und ausgesprochen haben, ziemlich verletzt bin. Das wird unserer Freundschaft auf keinen Fall belasten, denn ich glaube bei ihm an das Prinzip namens ‚Ich hab es nicht so gemeint’. Allerdings hat mir der Augenblick klar gemacht, dass es niemals einfach sein wird ihn zu kritisieren. Er glaubt er könne mit konstruktiver Kritik umgehen. Ich glaube das nicht. Aber ich weiß, dass dies seine Gründe hat. Im Gegensatz dazu ist mir mehr als bewusst, dass auch ich Ecken und Kanten habe, die so manch einer eventuell nicht nachvollziehen kann.

Flight
Tja. Worum ging es eigentlich in diesem Streit? Er hatte getrunken. Ich nicht. Ich sagte ihm, dass er auch mal aufhören könne mit dem Trinken, da ich der Meinung bin, dass er nie ein Ende findet. In seinen Ohren klang das wie: ‚Du bist Alkoholiker, du hast ein Problem, dass du nicht kontrollieren kannst’. Das meinte ich aber nicht. Ich weiß, dass er kein Alkoholiker ist. Er trinkt ja nicht regelmäßig. Und er verträgt wesentlich mehr als ich. Aber ich höre auf, wenn ich betrunken bin. Er nicht. Es endet meistens in einem totalen Exzess, wenn er denn trinkt. An diesem Abend hatte ich das Gefühl, dass es wieder so laufen würde. Alle waren nüchtern bzw. hatten ein Bier vor sich stehen, wir schauten Film. Mein bester Freund stieß später betrunken zur Runde dazu, weil er zuvor bei einem Fußballspiel war. Und er hat weiter getrunken, die meiste Zeit des Filmes nur gequatscht, was ich hasse wie die Pest wenn ich Film schaue. Er war halt super gelaunt, auch nicht aggressiv. Das ist er nie. Aber er kann eben halt nur so richtig abschalten, sagt er. Und dann hab ich ihn halt darauf angesprochen, woraufhin wir vor Tür gingen und es (beinahe) eskalierte.

Danach wurden mir zwei Dinge klar. Ich verstehe, dass er, der immer diszipliniert sein Leben unter Kontrolle hat, immer Erfolg im Studium hat (und darauf kann er verdammt stolz sein), den Kontrollverlust braucht und sucht. Der Mensch braucht den Kontrollverlust um Dinge bewältigen zu können. Ist es legitim, dass man dann versucht Menschen dies streitig zu machen? Er weiß, dass es nicht gut ist Kontrolle auf diese Weise zu verlieren. Der Grund warum er so ausgerastet ist, ist vermutlich der – und das trifft wohl auf die Mehrheit der Menschen zu – das er dabei ertappt wurde, seine Kontrolle zu verlieren. Mehr noch, allein die Unterstellung, er hätte etwas in seinem Leben nicht im Griff hat ihn sprichwörtlich zu einem Ausbruch geführt, den ich erlebt habe. Er ist jemand, der sein Leben unter Kontrolle halten muss. Er ist jemand, der Kontrolle auch als solche ansieht, wenn es um zwischenmenschliche Angelegenheiten geht. Und wenn er dafür sein Kriegsgesicht aufsetzen muss, dann wird er es ohne Skrupel tun, ganz egal, wen er dabei platt macht.
Warum dieser Kontrollwahn? Warum dieses Bedürfnis bloß nicht mit einem Problem behangen zu sein, dass andere kritisieren könnten? Das wäre wahrscheinlich eine Veränderung im Leben, an der man nichts mehr ändern könnte. Und wir Menschen brauchen Kontrolle. Leider.

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Er fand einen Kompromiss. Er sagte, er würde es nicht sein lassen, dafür wird er es in meiner Gegenwart nicht mehr tun. Damit fühle ich mich schon irgendwie angegriffen. Auf der einen Seite, ist es ihm entweder egal, was andere denken (obwohl der Ausbruch klar dagegen spricht), auf der anderen Seite will er mir damit irgendwas zeigen. Will er mir damit zeigen, dass er sicher ist, kein Problem zu haben. Braucht er den Status, sich durchzusetzen, obwohl er sich gar nicht durchsetzen muss? Mir Recht geben um mir das Gefühl zu geben er würde darüber stehen? Oder braucht er einfach diese Entspannung? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich fühle mich schlecht deswegen. Ich wollte ihn gar nicht angreifen, ich wollte ihm nur sagen, dass mich was stört. Das ging nach hinten los, was definitiv an uns Beiden lag.

Nachdem wir uns wieder vertragen hatten, hätte ich ihn am liebsten dafür kritisiert, dass er nicht in der Lage ist, Kritik an seiner Persönlichkeit zu vertragen und anzunehmen. Aber auf noch so einen Streit hatte ich keine Lust. und wenn ich ehrlich bin, dann ist es auch nicht in Ordnung von mir Menschen kritisieren zu wollen, nur weil mir was nicht passt und eigentlich nicht wirklich mein eigenes Problem ist. Dafür sind wir ja alle irgendwie gestört. Auch ich. Vor allem ich.
Aber eins ist klar. Angst hat in einer Freundschaft an sich nichts zu suchen. Zumindest, wenn dein Gegenüber den Kontrollverlust aktiv ausübt, ihn dennoch bestreitet und verteufelt.
Aber darüber habe ich eh keine Kontrolle, oder?

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Zuletzt aktualisiert: 4. Jul, 08:11

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ICH LIEBE DICH MEIN SCHATZ :*
Thomas (Gast) - 4. Jul, 08:11
Wunder für die Gefühl...
Wunder für die Gefühl Welt....... !!!!
Henry Unger (Gast) - 8. Apr, 08:31
Musik
Wunerbar an dem Film ist vor alem die Musik, welche...
RyanO (Gast) - 28. Mär, 01:01
ich war es bis dato gewohnt,...
ich war es bis dato gewohnt, einfach mal nette leute...
bastiH (Gast) - 28. Jul, 09:14
lol du armer idot klar...
lol du armer idot klar soltlest du allen in den ass...
soag (Gast) - 8. Jul, 00:48
Aaa
Daher kennen wir uns also...
Stef (Gast) - 28. Mär, 21:06
du kranker
du kranker
jens (Gast) - 16. Feb, 14:12
diesen film...
... hatte ich mir vor einiger zeit absolut unvoreingenommen,...
mi3000 (Gast) - 22. Dez, 22:52
Warum gehen einige zu...
Warum gehen einige zu wordpress?
bateman - 16. Dez, 21:16
understood
la maman hat verstanden. du bist erlöst. may the force...
magali (Gast) - 31. Okt, 09:43